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Alkoholprävention zum Schutz der Kinder

"Alkoholprävention zum Schutz der Kinder" Der Titel unseres Buches hat einen Vorher/Nachher-Effekt. Vor dem Lesen klingt es sehr schlicht, sehr selbstverständlich und riecht vielleicht sogar ein bisschen nach Mottenkiste. Aber nach dem Lesen bekommt insbesondere das Wort "Schutz" eine völlig andere Tragweite. Die entscheidende Frage ist nämlich, wovor geschützt werden soll. Vor Sucht? Nicht in erster Linie. Vor Alkohol? Nur indirekt. Es geht um den Schutz der Kinder vor alkoholabhängigen Erwachsenen, im speziellen vor den eigenen abhängigkeitskranken Eltern.
"Herr Helfmann, warum überlassen Sie das nicht dem Jugendamt oder der Sozialarbeit?" Von Herzen gern, aber leider hat sich bisher niemand dieser Aufgabe angenommen. Ich sage nicht, dass Jugendamt und Sozialarbeit unsere Kinder nicht schützen, aber ich komme noch einmal auf den Buchtitel zurück: "Alkoholprävention zum Schutz der Kinder" Es geht darum, Schaden vorzubeugen, an der Wurzel anzusetzen und präventiv in alkoholbelasteten, dysfunktionalen Familiengefügen zu wirken.


2,65 Millionen Kinder, die bei alkoholkranken Eltern aufwachsen finden sich nirgends repräsentiert. Das Thema steht in keinem aufrichtigen öffentlichen Diskurs. Staat und Lobby kehren immer wieder fleißig unter den Teppich, was ans Tageslicht kommt und Deutschland möchte gerne unbekümmert trinken.
Die Konsequenz daraus, dass wir alle so gerne trinken, sind Millionen Kinder, die über ihre gesamte Kindheit Belastungen und Traumata erfahren, die, wenn sie glimpflich davonkommen, NUR selbst im Erwachsenenleben abhängig werden, weil sie das Trinkverhalten der Eltern übernehmen.
Wie viele psychisch kranke Menschen gehen aus diesen Kindheiten hervor, die offiziell in keinerlei Zusammenhang mit Alkohol stehen; wie viele Suizide, die nie in Verbindung gebracht werden mit Abhängigkeit.


Bei allem, was ich tue und jedem Wort, das ich schreibe, geht es mir um die Kinder, die JETZT Kinder sind. Wir packen uns selbst in Watte, wenn wir endlich einsehen, dass wir ein Alkoholproblem haben; wir armen Opfer! Diese unangebrachte Selbstfürsorge erstickt jede positive Wende im Keim.
Ich fordere, dass wir uns selbst am Kragen packen und schütteln. Es darf nicht sein, dass unsere Kinder leiden, weil wir uns zu fein sind, Fehler einzugestehen. Da ist von Stigma die Rede. Ich frage, wer hat das Stigma denn gemacht? Was wir selbst erfinden und uns überstülpen dürfen wir getrost als ersten unserer Fehler verwerfen und abschaffen, damit in diesem Dschungel aus Manipulation und Scham endlich ein Weg freigeschlagen wird, den unsere Kinder sicheren Fußes beschreiten können.

 


 

2024-09-25

Was sich bei meiner Präventionsarbeit in mir veränderte

Schon vor meiner Tätigkeit in der Suchthilfe war ich mit Vorträgen in Schulen präsent, habe meinen Aktivitäten aber nie viel Wirkung zugetraut. Es blieb das Gefühl, dass es nicht genug ist, den Zeigefinger zu heben, obwohl ich intuitiv sicher schon Einiges gut und richtig anpackte. Ich machte mir bewusst, was ich an Besonderheiten und Talenten einbrachte und auch, was bisher wirkungslos verpuffte, packte Ehrlichkeit und Authentizität in meinen Werkzeugkoffer und verbannte beide erhobenen Zeigefinger aus meinem Repertoire.

Heute, im zehnten Jahr meiner Arbeit an den Schulen, weiß ich, wie ich die Menschen erreiche. Ich führe unfassbar offene Gespräche mit den Kindern und sogar die Lehrer kommen mit mir noch nach den Vorträgen ins Gespräch. Ich weiß, dass es möglich ist. Ich weiß, dass Verhaltensmuster sich durchbrechen lassen, wenn man sie ganz gezielt auf einer Metaebene benennt.

Eine Lehrerin vertraute mir an, dass sie die gesamte Klasse eines Kollegen einmal plötzlich unbeaufsichtigt war. Der Kollege beschaffte sich während eines Ausflugs Alkohol und vernachlässigte seine Aufsichtspflicht. Die Lehrerin sprang ein und bekam deshalb Streit mit dem Kollegen, als dieser samt Alkoholfahne wieder eintraf. Er schüchterte sie durch Drohungen und Anschuldigungen erfolgreich ein. Sie unternahm keine weiteren Schritte.

Ich behalte meine Gedanken in diesen Angelegenheiten nicht mehr für mich. Ich erklärte ihr: “Wenn wir Alkoholiker für uns selbst schon nichts tun, wenn wir als Kollegen nichts unternehmen und den Mund halten, wenn wir als Co-Abhängige nichts tun, dann ist das ja erklärbar, aber warum unternehmen wir nichts für diese Kinder hier?” Sie wurde blass und schwieg betreten, sich offensichtlich ihrer Verantwortung plötzlich sehr bewusst. In der zweiten Reihe saß noch ein einzelner Schüler, der besonders viel Zeit investierte, seine Sachen zu packen. Ich konnte an seinem Blick ablesen, dass er die Szene gebannt verfolgte.

Ich habe Reflexion in Gang gesetzt und genau das ist auch mein Anliegen. Millionen von Kindern in Deutschland hüten ein Familiengeheimnis, eine Sucht in der eigenen Familie. Kann das gesund sein?

Admin - 15:27:08 @ Allgemein | Kommentar hinzufügen